Leserbrief von Dietmar Kinder, Elsdorf-Heppendorf:
Es gibt wohl kaum eine andere Landschaft in Deutschland, die in Friedenszeiten in einem solchen Maße ausgeplündert wurde, wie das Rheinische Braunkohlerevier im Städtedreieck Aachen – Köln – Mönchengladbach (mit den derzeit noch drei Großtagebaue Garzweiler, Hambach und Inden) über Jahrzehnte hinweg geschehen ist und immer noch geschieht. Nun gilt es zu retten, was noch zu retten ist. Denn jetzt haben sogar die Anliegerkommunen Kerpen und Elsdorf, die stets mit dem RWE-Konzern kooperiert haben, große Mühe, den letzten kleinen verbliebenen Rest um Manheim mit einer weiterhin dringend benötigten Straße vor den Riesenbaggern zu retten. Nachdem nun noch vor wenigen Tagen das Bundesverfassungsgericht in einem wegweisenden Urteil die Bundesregierung aufgefordert hat das Klimaschutzgesetz (u. a. Reduktion des CO2 – Ausstoßes) nachzubessern, entfällt zudem nun schon aus umweltpolitischen, aber auch aus moralischen Gründen jeder weitere Einwand des RWE wie: Man brauche die Erdmassen die östlich der Straße K 53 gewonnen werden könnten. Der Verbleib dieser Straße ist für die Menschen sowohl aus Kerpen-Buir in Richtung der Kreisstadt Bergheim als auch für die aus Elsdorf (vor allem für die in den Ortschaften Elsdorf, Giesendorf, Berrendorf, Widdendorf und Heppendorf) in Richtung Düren (bzw. zum S-Bahn-Haltepunkt Kerpen-Buir) von Bedeutung. Erst recht, nachdem die Straße von Elsdorf über Alt-Etzweiler zum Autobahn Köln-Aachen – mit dem Anschluss Kerpen-Buir bzw. zum S-Bahn-Bahnhof Kerpen-Buir – schon vor Jahren gekappt wurde und buchstäblich ins Hambachloch gefallen ist. Außerdem ist diese Straße auch als Zubringer für die, auch international vielbesuchten Rennveranstaltungen auf der Kerpener Go-Cart-Bahn, unverzichtbar, will man sich nicht künftig als hinterste Provinz lächerlich machen. Der Verbleib dieser Straße ist aber auch schon deshalb enorm wichtig, weil sie den Verkehr entzerrt. Mit dem Fortfall würden die anderen Straßen – besonders die B 477 zwischen Mönchskaul über Geilrath und darüber hinaus – unnötig stärker belastet. Außerdem trägt jedes höhere Verkehrsaufkommen zwangsläufig zu einem größeren Unfallrisiko bei; mit Inkaufnahme von Verletzten und sogar Toten, für dann das RWE verantwortlich wäre. Das RWE ist für standsichere Böschungen am Tagebaurand zuständig, ggf. muss der Konzern dann eben an einigen Stellen die Grubenkanten entsprechend zurücknehmen. Aber nicht nur diese Straße sollte mit allen Mitteln erhalten bleiben, auch die Fläche von Manheim mit der noch stehenden alten Kirche, die für viele Menschen man ein Mittelpunkt des Lebens war. Sie sollte, nein sie muss als Kristallisationspunkt erhalten bleiben und könnte zu einem internationalen Dokumentationszentrum für den Braunkohleabbau im Rheinischen Braunkohlerevier (z. B. unter dem Namen „Mensch – Kultur – Umwelt“) umgebaut und eingerichtet werden, das mal weit über unsere Region hinaus ausstrahlt. Die ehemalige und inzwischen entwidmete Kirche mit dem hohen Turm ist von weit her sichtbar. Ein solches Zentrum würde Menschen von überall anziehen und könnte demnach auch bald auch aus touristischen Gründen eine bedeutende Rolle spielen. Besucher könnten sich nicht nur in einem solchen Zentrum ein Bild davon machen, was die Leute hierzulande sowohl im positiven Sinne (Strom-Energie verbunden mit vielen Arbeitsplätzen) für das Wohl der Allgemeinheit geleistet als auch im negativen Sinne (Heimat- und Kulturverlust verbunden mit Umwelt- und Gesundheitseinbußen) an Opfern für die Allgemeinheit gebracht haben. Darüber hinaus könnte man zum einen den Schlussabschnitt des Braunkohleabbaus im Rheinland in der Hambachgrube gleich nebenan mitverfolgen. Aber auch die beachtenswerten Bemühungen zu den Rekultivierungen und vielen Neuansiedlungen sowie die Überlegungen und Pläne für einen Hambachsee in ferner Zukunft, so unausgegoren sie sich z. Zt. auch noch darstellen.
Quelle:
29. April 2021 Kölner Stadt Anzeiger