11. Dezember 1996

Leserbrief von Peter Inden. Mit veralteter Technik ins nächste Jahrtausend! Leserbrief zu der Absicht des RWE das Kraftwerk Niederaußem nicht mit BOA-Plus zu optimieren und zur Türnicher Barbara-Feier.
(Bezug: Kreis-Umweltausschußsitzung vom Nov.’96 und die jährliche Rheinbraun Barbara-Feier).
Bei der RWE-Präsentation des geplanten Niederaußemer Kraftwerks wurde einmal mehr bestätigt, daß hier ein Kraftwerk mit veralteter Technik gebaut werden soll. Statt durch Vorschaltung der Braunkohletrocknung und der Rückgewinnung von Prozeßwärme einen Wirkungsgrad von bis zu 47% zu erzielen, soll ein „normales“ optimiertes Braunkohlekraftwerk mit 42% Wirkungsgrad gebaut werden.
Dabei scheinen sich Rheinbraun/RWE ihrer Verpflichtung gegenüber dem Energiewirtschaftsgesetz nicht im Klaren zu sein. Darin wird eine sichere, ressourcenschonenede und wirtschaftlich optimale Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie gefordert. Ähnlich wie bei der Beantragung des neuen Teilabschnitts für den Tagebau Hambach, begibt man sich hier auf eine Gratwanderung zwischen gesetzlich gerade noch Machbarem und unternehmerischer Gewinnmaximierung. Der Bau eines Braunkohlekraftwerks mit 5% schlechterem Wirkungsgrad bedeutet einen enormen wirtschaftlichen Schaden.
Die Rationalisierungswelle, auf Rheinbraun-Deutsch Ergebnissteigerungsprogramm genannt, rollt weiter. Die 54er Vorrruhestandsregelung ist bald ausgeschöpft und jeder neue Kraftwerksblock kostet Arbeitsplätze. Die Belegschaft der zur Modernisierung anstehenden Kraftwerke wird um 75% „gesundgeschrumpft“. Geht das heute veraltet geplante Kraftwerk Niederaußem tatsächlich 2002 in Betrieb, so wird die Kohle von Hambach I bis 2042, also bis in die Mitte des nächsten Jahrhunderts, sinnlos verheizt.
RWE/Rheinbraun sollten ihr verantwortungloses Handeln überdenken und stattdessen ein Gaskraftwerk in Niederaußem bauen. Denn die Planungsunsicherheit für Niederaußem ist sehr hoch. Gegen den Betriebsplan von Hambach I klagen die Bürgerinitiativen gegen die Verlegung der A4 und der BUND-NRW vor dem Verwaltungsgericht Aachen. Auch gegen das neue, mit veralteter Technik geplante Kraftwerk sind rechtliche Schritte, mit Bezug auf das Energiewirtschaftsgesetz, zu erwarten.
Denn die Kohle aus Hambach reicht um so länger, je höher der Wirkungsgrad von Niederaußem ist. D.h. es wird weniger Kohle als „Input“ bei konstantem „Output“ benötigt. Manheim und Morschenich müßten nicht abgebaggert und die A4 erst recht nicht verlegt werden.
Die Baukosten für Gaskraftwerke liegen um zwei Drittel unter denen für Kohlekraftwerke. Zudem kann unter kluger Ausnutzung der Gas-Pipelinekapazitäten wesentlich flexibler auf den sich öffnenden europäischen Strommarkt reagiert werden. Beim Bezug von Erdgas ist RWE nicht mehr auf einen in der Preisgestaltung starren Tagebau Hambach fixiert.
Beantragt RWE jedoch den Kraftwerksneubau mit veralteter Technik, so muß sich das Unternehmen den Vorwurf der vorsätzlichen Naturvernichtung und der Vernichtung des Lebensraums von 2500 Menschen gefallen lassen. Es kann nicht sein, daß der gedankenlose und verschwenderische Umgang mit dem Primärenergieträger Braunkohle auch noch mit der Baugenehmigung eines aus heutiger Sicht bereits prähistorischen Kraftwerks belohnt wird.

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