05. Sept. 2013 Aktivisten halten Versteck geheim

Leserbrief von Dietmar Kinder, Elsdorf-Heppendorf:

Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals – wenn auch indirekt – die Position von Rheinbraun bzw. heute RWE Power rechtfertige. Als ich mich mit anderen vor nun rund 30 Jahren daran machte, um für eine Zustimmung für eine andere Sicht im Hinblick auf den auf uns zu kommenden Riesentagebau Hambach zu werben, fanden wir in der hiesigen Bevölkerung nur wenig Sympathie. „Das ist ja alles noch so weit weg“, hieß es damals. Mit der Gründung der Bürgerinitiative „Verheizte Heimat“ haben wir uns dennoch unverdrossen für eine Rücknahme der Tagebaugrenze – und nur darum ging es – eingesetzt, um wenigsten einen Teil des einst riesigen Hambachwaldes zu retten. Nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes, sondern auch, um die Menschen der Umgebung keinen vermeidbaren Feinstaub- und Lärmbelästigungen auszusetzen. Wir haben diese und andere Gefahren und mögliche Schädigungen klar benannt, fanden aber in der Bevölkerung nicht die breite Unterstützung, um mit dem entsprechend nötigen Druck zumindest die minimale Chance für ein Umdenken der Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft zu wahren. Wir waren um Konsens bemüht und haben dabei immer versucht, die ganze mit dem Braunkohleabbaus und Verstromung der Kohle verbundene Problematik zu sehen, so dass bei uns auch intern natürlich das Thema Energieversorgung und Sorge um die Arbeitsplätze eine Rolle spielte. Unsere Strategie war stets so angelegt, dass es bei unseren durchgeführten und geplanten Einsätzen nie eines einzigen Polizeibeamten bedurfte oder bedurft hätte. Das ist heute leider anders gekommen. Die Umweltzerstörung nahm mit dem fortschreitenden Tagebau zu. Viele Menschen, die die Folgen lange verdrängt hatten, sind auf einmal aufgewacht, sind nun entsetzt und möchten sich wehren. Und die allermeisten möchten auch, dass das auf legale friedliche Weise geschieht. Denn der stärkste Trumpf in der Demokratie ist die Möglichkeit, Menschen für seine Überzeugung zu gewinnen. Doch hier im speziellen Fall wurden Grenzen überschritten. Wenige Chaoten haben in kurzer Zeit mutwillig Vertrauen zerstört. Vieles von dem, was über viele Jahre in mühevolle Überzeugungsarbeit gewachsen ist, wurde – wie bei einem alten Baum des Hambachwaldes – mit der Unerbittlichkeit des Schnitts einer Kreissäge zunichte gemacht. Die Berufsdemonstranten ziehen weiter, spielen auf Kosten der Gutwilligen anderswo den Gegnern eines berechtigten Anliegens in die Hände. RWE Power kann sich ins Fäustchen lachen und mit eiserner Faust sein Ding durchziehen. Denn dank der Autonomen wurde nicht nur Grundrechte verletzt, auch die Stimmung ist zugunsten eines Großkonzern mit eigenen Werkschutzkräften gekippt.

Quelle:
05. Sept. 2013 Kölner Stadt Anzeiger

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